Unser aktuelles Hof-Porträt über Evas Paradiesgarten.
Wer ins Paradies will, muss nicht gleich „das Zeitliche segnen“. Es reicht ein Katzensprung ins nördliche Waakirchen. Demeter-Gärtnerin und Blühbotschafterin Eva Vogel schafft hier an der Allgaustraße seit bald 25 Jahren geradezu paradiesische Zustände für allerlei Gemüsesorten und Blumen.
Auch die Bedürfnisse vieler Insekten, insbesondere Wildbienen, werden besonders berücksichtigt. Und die Kundschaft des betriebseigenen Hofladens kommt nicht nur wegen des umfangreichen Bio-Angebots. A kloaner Ratsch mit der Eva geht fast ollawei. Noch dazu ein recht herzlicher. „Ich freu’ mich unbandig, dass ich so viele nette Kunden hab“, sagt die sympathische Hofbetreiberin.
Kunden, die regionales Gemüse aus dem Landkreis Miesbach kaufen möchten, haben es im selbigen nicht ganz so leicht. Gemüse-Gärtnereien gibt es im Oberland generell und insbesondere im Landkreis Miesbach nur wenige. Das Klima im Voralpenland scheint eben nicht optimal für die unterschiedlichen Ansprüche von Gemüsepflanzen. Die Gemeinde Waakirchen selbst liegt auf einem sogenannten Seitenmoränenzug (abgelagerte Schuttmassen) zwischen zwei ehemaligen Gletschern in 759 bis 817 Metern Höhe. Das Klima ist hier noch etwas rauer und kälter als das im nahen Isar- und Tegernseer Tal.
Viel, sehr viel Handarbeit und wenig Maschineneinsatz, biologisch-dynamischer Anbauweise nach Demeter-Richtlinien* als auch eigens hergestellter Silage zum Mulchen ist es zu verdanken, dass die Äcker am Rande des Waakirchner Unterdorfs „trotzdem“ zu einem reichhaltigen Gemüse-Garten gedeihen konnten, der stetig erweitert wurde und heute zwei Hektar Anbaufläche umfasst.
„Ich hab’ einen ganz tollen Boden, da er sehr humos und locker ist. Der Boden ist mein Kapital“, sagt Eva Vogel, die hier zunächst ganz klein, mit gerade mal 2000 Quadratmetern Anbaufläche angefangen hat. Um den Boden zu schonen, macht sie seit jeher fast alles per Hand, vom Pflanzen übers Jäten bis zur Ernte. Eine einfache Holzhütte diente ihr lange Zeit als Geräteschuppen und Verkaufsraum in einem, ohne Wasseranschluss und Strom – Wasser zum Gießen und Gemüse-Waschen gab es nur vom nahe gelegenen Hydranten (mit Wasserzähler versteht sich).
Nach Waakirchen brachte die gebürtige Dietramszellerin übrigens eine Anzeige in einer Gärtner-Verbandszeitschrift: Demeter-Gärtner/in in Waakirchen gesucht. Eva arbeitete damals – nach ihrer Ausbildung bei einer biodynamischen Gärtnerei am Bodensee und einer mehrjährigen Station in Otterfing (Bio-Betrieb Hellwasser) – bei einer Bio-Gärtnerei in Bruckmühl (Colshorn). Nach erfolgreicher Bewerbung beim Verpächter des angebotenen Grunds ging es im Frühling 1998 los, zunächst noch nebenberuflich.
„Ich hab von Anfang an alles querbeet gepflanzt“, erzählt Eva, die damals – ebenfalls nebenbei – noch die Meisterschule absolviert hat. Offiziell kann sie seither mit dem beneidenswert langen Titel „Biologisch-dynamisch staatlich anerkannte Gärtnermeisterin der Fachrichtung Gemüsebau“ aufwarten.
Warten aber wollte Eva nicht. Es lief von Anfang an gut. Fast von Jahr zu Jahr verdoppelte sie ihre Anbaufläche in Waakirchen, von zwei- auf viertausend, von vier- auf achttausend Quadratmeter und so weiter. Als sie 2004 bei zwei Hektar angekommen war, machte sie sich komplett selbstständig und schmiedete bald Pläne fürs heutige Hofgebäude samt Wohnung und geräumigem Hofladen, die ab 2007 gebaut wurden. Im Mai 2009 fand die Laden-Einweihung mit einem großen Hoffest statt. Und im Jahr 2012 kam noch das Gewächshaus dazu, um die Saison für so manche Gemüsesorten zu verlängern.
Allein ist die Bewirtschaftung der Anbauflächen und der Betrieb des Hofladens inzwischen nicht mehr zu bewerkstelligen. Zudem ist Eva einmal wöchentlich (von April bis November) auf dem Tölzer Bauernmarkt mit einem Gemüsestand vertreten. Evas Paradiesgarten wird deshalb von langjährigen und treuen Mitarbeitern unterstützt; auch Gärtnerei-Lehrlinge werden und wurden immer wieder ausgebildet.
Angebaut wird im Paradiesgarten je nach Saison alles von A bis Z, von Auberginen und Artischocken, über Blumenkohl und Bohnen, Erbsen, Gurken, Karotten und Kürbis, Lauch, Pastinaken, Rhabarber, Tomaten bis Wirsing bis Zucchini und noch vieles mehr. Für die Silage zum Mulchen der Beete baut Eva das benötigte Kleegras ebenfalls selbst an, mäht, kreiselt und schwadert es mithilfe eines kleinen Traktors und verpackt es zum Gären nur in Netz. Das Mulchen ist wichtig, um das Bodenleben und die Mikroorganismen im Boden sowie den Humusaufbau zu fördern. Stark zehrende Gemüsekulturen düngt Eva zusätzlich mit Horngries und Hornspäne.
Um auch das ganze Jahr über frisch gezogenes Gemüse anbieten zu können, kommen alle 14 Tage Jungpflanzen von der Biolandgärtnerei Natterer sowie vom BioGut Wallenburg im Paradiesgarten an – vor allem für Salate, Kohlrabi, Fenchel, Brokkoli etc. Ihr Saatgut bezieht Eva überwiegend über Bingenheimer Saatgut oder die Bayerische Futtersaaten (Kleegras). Dabei achtet Eva auch darauf, möglichst samenfeste Sorten auszusuchen, die sich also selbst wieder reproduzieren können.
Besonders wichtig sind samenfeste Sorten auch bei den vielen Blumen, die zwischen den Gemüsekulturen wachsen und Insekten Nektar und Pollen bieten. Eva Vogel ist seit 2020 außerdem offizielle Blühbotschafterin. „Bei dem Kurs der Schweissfurt Stiftung habe ich alles darüber gelernt, wie sich diverse Insekten und Kleingetier gegenseitig unterstützen.“
Aber schon zuvor war der Paradiesgarten ein wahres Blumenparadies, in dem sich Mensch und Tier wohlfühlen! Schädlinge und Nützlinge leben in einem harmonischen Miteinander und halten sich im Gleichgewicht. Diversität im besten Sinn also! Zur Schneckentilgung sind außerdem ein paar fleißige Laufenten im „Einsatz“.
Auch Wildbienen profitieren vom üppigen Blumenangebot. Manche Wildbienen-Arten sind nur wenige Millimeter groß und bewegen sich in einem sehr begrenzten Radius oder sind sogar Spezialisten, die sich nur von ganz bestimmten Blumen ernähren, zum Beispiel von Glockenblumen.
Zurückgeschnitten werden die Blumenstauden übrigens auch erst im späteren Frühjahr, um den Insekten einen (Über-)Lebensraum für den Winter zu bieten. „Auch wenn das alles mehr Arbeit bedeutet, befriedet es das Herz“, ist Eva überzeugt. Denn sie weiß auch: „Den Garten betritt man nicht mit den Füßen, man begeht ihn mit dem Herzen.“
Regelmäßig kontrolliert wird die Arbeitsweise im Freiland, im Gewächshaus und im Hofladen freilich auch. Sprich: Neben unangekündigten Stichproben findet einmal jährlich eine große Kontrolle statt, ob die strengen Demeter-Richtlinien* erfüllt sind, inklusive Einkauf. Im Laden wird neben dem frisch geernteten Gemüse auch eine große Obstauswahl und ein umfangreiches Trockensortiment aus dem Bio-Großhandel angeboten. Selbst verschiedene Weinsorten aus ökologischem Anbau sowie Olivenöl aus einer original griechischen Manufaktur (Kaia) sind zu haben.
Kurzum: Wer in Evas Paradiesgarten kommt, hat ein Einkaufserlebnis abseits vom Supermarkt-Flair, nimmt sich automatisch mehr Zeit zum Schauen und Auswählen und wird auch gern auf einen Probierhappen eingeladen. Fehlt es gerade an Fantasie für ein saisonales Gemüse-Gericht, bekommt man kurzerhand einen tollen Rezept-Tipp mit auf den Weg.
Ein lockerer Ratsch ist ebenso gern mal drin. Eva ist eben Demeter-Gärtnerin und Blühbotschafterin mit Leib und Seele und vermittelt ihr Wissen und ihre Arbeitsweise auch bei Führungen durch ihren Paradiesgarten und bei Workshops (z.B. Fermentierkurs), die sie meist in Eigenregie anbietet.
Die Öffnungszeiten des Hofladens verteilen sich auf drei Vormittage (Mittwoch, Freitag, Samstag) und den Freitagnachmittag. Viele langjährige Kunden schwören außerdem auf die frisch gepackten Abo-Kisten, die wöchentlich ausgeliefert und nach individuellem Kundenwunsch bestückt werden. Paradiesisch, oder?
Weitere Informationen auf der Website von Evas Paradiesgartens.
Text: Dani Skodacek, Fotos: Carsten Brockmann, Nadia Brockmann, Evas Paradiesgarten
*Demeter Betriebe arbeiten biologisch-dynamisch, d. h. sie arbeiten auf der Grundlage anthroposophischer und wissenschaftlicher Menschen- und Naturerkenntnis. Die Erde verstehen sie als lebendigen Organismus geistigen Ursprungs. Auch den Betrieb sehen sie als einen lebenden Organismus, der eine Art Individualität ausprägen kann. (Quelle: demeter.de)