Bei unserer dritten Waldwanderung seit 2021 haben wir wieder einiges über die Tierwelt in unseren Wäldern gelernt. Rund 30 kleine und große Teilnehmer waren Ende Februar dabei, als uns der Waakirchner Jäger und Waldbesitzer Andreas Ihl ein Stückerl in den frisch verschneiten Mariensteiner Forst führte und uns dabei nicht nur den Unterschied zwischen Reh- und Rotwild erklärte.




Vom Treffpunkt an der Mariensteiner Kirche Maria Himmelfahrt ging’s nach kurzer Vorstellungsrunde den Auenweg rein in Richtung Holzer Alm. Statt links in den Wanderweg zur Alm abzubiegen, liefern wir geradeaus weiter in den Wald, wo uns Andi Ihle beim ersten Jägerstand einiges über das örtliche Niedermoor berichten konnte, das sich wie ein Fleckerlteppich durch den Wald bis nach Gaißach (Lkr. TÖL-WOR) rüber zieht und ein wichtiger CO2-Speicher ist. Im Bereich des Waakirchner Ötzwegs geht es sogar ins Hochmoor über.
Je ungestörter diese „Moor-Fleckerl“ sind, desto mehr Wildtiere können dort leben. So kann durchaus die seltene Sumpfohreule, ein Bodenbrüter, dort Quartier beziehen. Aber auch ein Biber fühlt sich hier wohl, z.B. in der Nähe des Rinnerbachs. Neben Braunkehlchen und Schwarzspecht zum Beispiel mögen besonders auch Amphibien die nassen Moorwiesen, wie die Gelbbauchunke, der Moorfrosch, Gras- oder Laubfrosch oder die Ringelnatter. Nicht zuletzt gedeihen hier seltene Pflanzen, wie Mehlprimeln, Wollgras, Lungenenzian, Sibirische Schwertlilie oder das Knabenkraut, eine Orchideenart. Sogar einer fleischfressenden Pflanze, dem Sonnentau, gefällt es im Moor gut.
Ungestört ist auch DAS Stichwort bei den größeren Waldbewohnern. Durch die wachsende Besiedelung des Menschen und den Freizeitdruck zogen sich Hirsch und Reh – warum das Reh nicht die Frau vom Hirsch ist, darauf kommen wir später noch – immer tiefer in die Wälder zurück. Meist nur in der Dämmerung trauen sie sich wieder auf die Wiesen und Lichtungen heraus.
Dennoch ist das Schalenwild äußerst anpassungsfähig, sagt Andreas. Zum Fressen finden die Tiere also immer was, und seien es junge Baumtriebe. Dieser sogenannte Verbiss ist freilich für Waldbesitzer unschön und ärgerlich. Wird ein Baum verbissen, kann er nur sehr langsam weiter wachsen.
Ein neu entstehendes Wildschutzgebiet soll sich im Nord-Süd Ausläufer vom Ende der sogenannten „Mondscheinbo“ (früher ein beliebter Skihang, sogar mit Lift!), rechts dem Weg verlaufend zur Holzer Alm, über die Gemeindegrenze nach Dürnbach hinaus, und im Ost-West Ausläufer links vom Auenweg, bis über den alten Steinbruch erstrecken. Das Landratsamt habe bereits grünes Licht gegeben, sagt Andreas, der mit der offiziellen und rechtsverbindlichen Bestätigung im Lauf des nächsten halben Jahres rechnet. Dann herrscht in diesem Bereich voraussichtlich vom 15.10. bis 1.4. Betretungsverbot, um das dort lebende Wild zu schützen. Einige Hinweisschilder hängen bereits aus.


NACHGEFRAGT
Die Jagd auf Schalenwild ist leider nötig, weil es keine natürlichen Feinde, wie Wolf, Bär oder Luchs mehr fürchten muss. Diese Beutegreifer ziehen hin und wieder mal durch unsere Wälder, aber in unserer heutigen Kulturlandschaft finden sie keine geeigneten Gebiete mehr, um sich fest anzusiedeln oder Rudel zu bilden.
„Gäbe es die Jagd nicht, würde das Schalenwild überhand nehmen und wir hätten wirklich Probleme im Wald“, sagt Andreas. Daher auch die Schutzzone, damit die Tiere Ruhe finden und nur zur Fütterung gehen und so den Verbiss-Druck zumindest verringern. Ganz ausschließen kann man Verbiss als natürlichen Vorgang freilich nicht. „Aber damit kann man leben“, sagt Andreas. Und schließlich produziert die Jagd mit dem Wildbret auch ein gesundes Lebensmittel aus der Region.

Im Winter fahren die Tiere ihren Energiehaushalt sozusagen auf Sparflamme herunter. Werden sie gestört, zehrt das an den mageren Reserven. Wildfütterungen können die Tiere aus ihrem Unterschlupf locken und die Energiereserven ein wenig auffüllen.
Andi Ihle und seine drei Jagdgefährten im Revier haben vor gut drei Jahren in Kooperation mit der Jagdvorstandschaft, dem Hegering, dem zuständigen Förster sowie Jagdberater im Landkreis Miesbach eine solche Winter-Wildfütterung oberhalb der Mariensteiner Fischweiher installiert. Unterstützt werden sie von Hubert Hinterholzer, ein Waakirchner Jäger aus dem Nachbarrevier, der sich mit ums Auffüllen der Futterraufen kümmert.
Rein in die Futtertröge kommen übrigens meist Grummet (Silage), Gerstenkörner und Apfeltrester – wir durften natürlich auch mal daran schnuppern, denn die Fütterung durften wir uns bei unserer Waldwanderung aus unmittelbarere Nähe anschauen! Leider ohne tierische Besucher. Dafür haben wir viel Neues über die Waldbewohner gelernt!

Anhand von vielen verschiedenen „Krickerl-Modellen“ (Jagd-Trophäen) und Fotografien erklärten uns Andreas und Hubert die Unterschiede zwischen Hirsch und Reh, also zwischen Rotwild und Rehwild. Erstaunt waren tatsächlich viele von uns, dass das Geweih bzw. Gehörn der männlichen Tiere jährlich gewechselt wird. Dennoch finden selbst Jäger nur selten eine angeworfene Stange im Wald, die sonst eben verrottet oder von Mäusen gefressen wird. Auch welche Spuren die Tiere im Schnee hinterlassen, konnten wir quasi live erleben.



Begriffe
REHWILD
- Männlich: Bock, Rehbock
- Weiblich: Geiß, Ricke
- Männliches Jungtier: Bockkitz, später Jährlingsbock
- Weibliches Jungtier: Geißkitz, Rickenkitz, später Schmalreh
- Ein Reh wird bis zu 80 cm groß und ist damit nur so groß wie etwa ein mittelgroßer Hund.
- Brunftzeit ist ca. Mitte Juli bis Mitte August. Bis Dezember Eiruhe im Körper der Geiß. Die Rehkitze werden in ihren ersten Lebenswochen häufig im hohem Gras von landwirtschaftlich genutzten Wiesen abgelegt (die meisten Landwirte suchen ihre Felder deshalb vor der 1./2. Mahd nach Kitzen ab), die bekannten weißen Flecken verschwinden im August.
- Beim Kopfschmuck des männlichen Rehwilds spricht man von Gehörn, es gibt verschiedenen Gehörnstufen.
ROTWILD
- Männlich: Hirsch
- Weiblich: Hirschkuh bzw. Stuck in der Jägersprache
- Jungtier: Kalb
- Männliches Jungtier im 2. LJ: Schmalspießer
- Weibliches Jungtier im 2. LJ: Schmalstuck
- Weibliche Stücke mit Kälbern leben in Rudeln und heißen Kahlwild, weil sie kein Geweih tragen.
- Ein Hirsch kann bis 1,40 Meter groß (plus Geweih) werden.
- Das Geweih besteht aus 2 Stangen und wird jährlich im Frühjahr abgeworfen und innerhalb von 5 Monaten neu gebildet – und jedes Mal größer. Der samtartige Schutz über dem neuen Geweih wird an den Bäumen abgewetzt / verfegt. Je älter der Hirsch ist, umso schneller wirft er seinen Kopfschmuck ab und fegt früher.
- Die Brunftzeit beim Rotwild ist ca. Mitte Oktober bis Mitte November – je kälter, desto besser. Die Kälber werden nach der Geburt im Frühsommer ebenfalls die ersten Wochen abgelegt.
HERZLICHEN DANK an alle Teilnehmer der Waldwanderung für das große Interesse und insbesondere freilich Andi Ihl und Hubbi Hinterholzer für die fachkundige Auskunft zu Woid & Wuid! Bis zum nächsten Mal!
Text und Fotos: Dani Skodacek und Nadia Brockmann
Ich fand die Wanderung richtig toll !!!! Besonders überrascht hat mich wie klein Rehe (Rehbock und Geiß) sind, nämlich nicht größer wie ein großer Hund. Der Hirsch und die Hirschkuh dagegen sind mannshoch. Interessant fand ich auch, dass wir bei uns in den Wäldern kein Dammwild haben .